Stadt hält krampfhaft an Dietenbach fest, dabei spricht immer mehr dagegen

Dietenbach
Dietenbach - Foto: FRIMP / Privat

Seit Frühjahr 2019 hat die Stadtverwaltung gemeinsam mit den Siegerbüros einen detaillierten Rahmenplan erarbeitet, der voraussichtlich am 8. Dezember dem Gemeinderat zum Beschluss vorgestellt wird.

Oberbürgermeister Martin Horn: „Ich freue mich, dass wir bei der Planung des neuen Stadtteils Dietenbach einen großen Schritt vorangekommen sind. Der Rahmenplan ist ein Meilenstein. Wir brauchen Dietenbach, denn der neue Stadtteil ist von zentraler Bedeutung im Kampf gegen die Freiburger Wohnungsnot und steigende Mieten. Der Bedarf an bezahlbarem und attraktivem Wohnraum ist in Freiburg riesengroß, insbesondere für junge Familien.“

Wer anhaltend von Wohnungsnot spricht, muss sich fragen lassen, warum die Stadt sich ein neues Fußballstadion für über 130 Mio. leistet, das Augustinermuseum für über 80 Mio. saniert und sich einen Rathausneubau ähnlich viel kosten lässt, anstatt z.B. mehr in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Warum wird zwar auf Teufel komm raus der Wohnungsbau forciert, entstehen tut dabei aber nur in Ausnahmefällen auch günstiger Wohnraum und das geht seit Jahren schon so.

2011 hatte die Freiburger Stadtbau (FSB) 8056 Wohnungen. 2018 sind es 8436. Das sind gerade mal 54 Wohnungen mehr p.a.

2018 hat sie aber alleine 89 Eigentumswohnungen verkauft. Wieviel davon zuvor, wie in der Sulzburgerstraße, günstiger Wohnraum waren, ist nicht bekannt. Auch nicht bekannt ist, wie viele Wohnungen der Stadtbau jährlich aus der Sozialbindung fallen.

Dass man mit lächerlichen 54 Wohnungen netto pro Jahr Freiburgs Wohnungsprobleme nicht löst, liegt auf der Hand. Gebaut wurde zwar mehr von der FSB, aber das wurde teils teuer verkauft und hat auf diesem Weg Freiburgs Mietspiegel tendenziell sogar nach oben befördert.

Seit Jahren verkauft die Stadtbau vormals wirklich günstigen Wohnraum und betätigt sich so als Gentrifizierer. Was brächte es Freiburgs Mietern, wenn z.B. in Weingarten, in der Sulzburgerstraße, 120 noch wirklich bezahlbare Wohnungen (5,70 €/qm durchschnittlich, d.h. manche sind auch günstiger) 2022 vernichtet, bzw. saniert und verkauft würden, um mit dem Geld ab 2025 in Dietenbach (keinen Kilometer entfernt) 50 Wohnungen für deutlich über 11 € /qm gebaut würden?

Um Dietenbach überhaupt finanzieren zu können, vernichtet man durch Sanierungsprogramme

den vormals wirklich bezahlbaren Wohnraum und verkauft diesen dann gewinnbringend.

D.h. Dietenbach wird u.a. nötig, weil in Weingarten günstige FSB-Wohnungen saniert und teuer verkauft werden. Das ist skandalös.

Bezahlbarer und zugleich attraktiver Wohnraum ist in Freiburg seit Jahrzehnten Mangelware, aber immer weniger glauben, dass dieser in Dietenbach entstehen könnte, wie u.a. vom OB behauptet. Wer in Neubaugebiete wie Ebnet (Hornbühl-Ost, oder alter Sportplatz) oder Güterbahnhof schaut, kann vieles entdecken, nur keinen bezahlbaren Wohnraum, also solchen, der für Menschen mit kleinerem Geldbeutel leistbar ist. In Ebnet sind Wohnungen projektiert, die pro qm teils über 8.000 € kosten. Sofern diese überhaupt vermietet werden, sind Mieten unter 18 € kalt/qm fast ausgeschlossen.

https://www.frimp.de/redaktion-frimp/wohnungsbaupolitik-freiburgs-wirft-fragen-auf-wie-in-ebnet-entsteht-ueberwiegend-teurer-wohnraum-anstatt-bezahlbare-wohnungen/

In Dietenbach kommen zu den Grundstückskosten, Kosten für Ausgleichsmaßnahmen, Infrastruktur, Aufschüttung, Lärmschutz, Hochwasserschutz, Verlegung von Sendemast, Hochspannungs- und Gasleitungen, Schulen u.v.m.

Zusammen mit hohen Anforderungen an Energieeffizienz und Baustandards halten Experten niedrige Mieten dort quasi für ausgeschlossen, gleiches gilt für niedrige Immobilienpreise.

Hinzu kommt, dass seit Ende 2017 der Druck auf dem Wohnungsmarkt deutlich nachlässt. 2018 haben die Stadt sogar etwas mehr Menschen verlassen, als hierhergezogen sind. Das gab es lange nicht mehr.

Ab 2025 rechnet das Stat. Landesamt damit, dass das Bevölkerungswachstum Freiburgs nahezu zum Erliegen kommt, maßgeblich wegen dem Demografischen Wandel. Dann also, wenn frühestens erster Wohnraum in Dietenbach entstehen könnte.

Sollte die Stadt, wie geplant, dort 6900 Wohnungen bauen, wird da vermutlich auch jemand einziehen. Das ist aber noch lange kein Beweis für die Behauptung, dass diese hohe Zahl an Wohnungen dort tatsächlich im Zeitraum 2025 – 2040 fehlen, sondern nur, dass genug bereit waren nach Freiburg zu ziehen, oder innerhalb der Stadt umzuziehen.

Gegen Dietenbach wurden verschiedene Klagen eingereicht. Sollten die Kläger Recht bekommen, könnte sich der Bau weiter verzögern, oder er könnte sogar ganz untersagt werden, denn bis heute herrscht dort größtenteils absolutes Bauverbot.

Dietenbach besteht aus einer schützenswerten Auenlandschaft, Wald, Ackerland und Naturraum. Damit das heutige natürliche Überschwemmungsgebiet überhaupt bebaut werden dürfte, werden bei Günterstal für ca. 20 Mio. € riesige, landschaftszerstörende Rückhaltebecken gebaut. Nur so besteht überhaupt eine Chance auf Baugenehmigungen für Dietenbach.

Trotz vieler Ungewissheiten investiert die Stadt seit 2012 Millionen in den Bau dieses Riesenneubaustadtteils und stößt immer wieder auf neue Probleme. Sie will aber nicht davon ablassen.

Seit Jahren hält ausgerechnet Green City die Klimaziele nicht ein und es gilt als sicher, dass Dietenbach maßgeblich dafür verantwortlich wäre, dass die Klimabilanzen der Stadt auf Jahre den Klimazielen nicht genügen.

Wo bleibt der Beitrag von Green City für die in Paris verabredeten Klimaziele?

Auch der Artenschutz sollte einer Ökohauptstadt mehr am Herzen liegen.

Corona hat die Verschuldung der Stadt abermals verschärft. Dringende Schulsanierungen werden seit Jahren verschoben, das Außenbecken West und die lange beschlossene neue Eishalle kommen über den Planungsstatus nicht hinaus, gleiches gilt für das schöne Lycée Turenne im Freiburger Osten, oder eine dortige Rettungswache, die wegen der sich verschärfenden Verkehrsprobleme immer wichtiger wird.

Trotz nachlassender Nachfrage (zumindest zu Wohnzwecken), hohen Mieten dort und gravierender Finanzierungsprobleme, wollen die Verantwortlichen aber nicht von Dietenbach lassen, obwohl absehbar ist, dass sich die Stadt mit diesem Milliardenprojekt deutlich übernimmt.

Weitere Berichte über Freiburgs Wohnungsbaupolitik:

https://www.frimp.de/themen/bauen-und-wohnen/

https://www.frimp.de/themen/dietenbach/

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