Trotz explodierender Mehrkosten, exorbitanter Mieten und Immobilienpreise in Dietenbach halten Gemeinderat und OB am neuen Stadtteil fest

Dietenbach
Dietenbach - Foto: SWR

Trotz explodierender Mehrkosten, exorbitanter Mieten und Immobilienpreise in Dietenbach halten Gemeinderat und OB am neuen Stadtteil fest

Am 31. Januar traf der Freiburger Gemeinderat eine sehr weitreichende Entscheidung. Es ging um einen weiteren Blankoscheck für den OB, die Sparkassengesellschaft EMD und Grundstücke für 106 Mio. € zu erwerben.

Lediglich Dr. Winkler (Freiburg-Lebenswert) und Dr. Huber (AfD) votierten dagegen.

Was war doch gleich das zentrale Versprechen von Dietenbach, welches den Freiburger*innen u.a. 2019 beim Bürgerentscheid gegeben wurde?

In Dietenbach entsteht ab 2024 sehr viel bezahlbarer, inklusiver, barrierefreier Wohnraum z.B. für Familien. All das gehe nicht zu Lasten anderer Bedarfe in der Stadt, denn die Nettobelastung für den Haushalt beliefe sich, über den gesamten Projektzeitraum, lediglich auf insgesamt 10 Mio. €. Zudem würde Dietenbach klimaneutral. 50 %-Quote und Erbpacht sollten die soziale Ausrichtung untermauern.

Die Wähler*innen haben dem OB und den diversen Fraktionen vertraut.

Wie ist denn der Projektstand, über 10 Jahre nach Projektstart? Wieviel Geld hat das Riesenprojekt bereits verschlungen und wie ist der Zielerreichungsgrad? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich daran etwas ändert? Das alles sollte man doch mal reflektieren, bevor man weitere 106 Mio. und exorbitante Mehrkosten bewilligt, oder? Für ein Projekt, dass nach 10 Jahren und Ausgaben von ca. 100 Mio. € immer noch keinen einzigen qm bezahlbare Wohnfläche hervorgebracht hat und dies auch nach weiteren 400 Mio. nicht getan haben wird. Insgesamt sprechen wir dann schon von ½ Milliarde €.

Der OB, der Baudezernent und Prof. Engel (PG-Dietenbach) sagen, sie seien insoweit zufrieden, sehen keine großen Probleme und sprechen sogar von „Jahrhundertchance“.

Diverse Kritiker würden hingegen wohl eher von einem unkalkulierbaren Riesenrisiko sprechen. Auch wenn sich die städtischen Marketing- und PR-Expert*innen, gemeinsam mit der BZ, vermutlich auch der EMD, alle Mühe gegeben haben, die Kostenexplosion als unproblematisch zu verkaufen.

Es scheint, der Freiburger Gemeinderat will die nächsten 20,30 Jahre wegen eklatanter Fehlplanungen regelmäßig weitere Millionen bewilligen, wie beim Augustiner Museum, der Elbphilharmonie, S21 oder dem BER, bis das Regierungspräsidium (RP) die Reißleine zieht.

Wer, wie die Professoren Haag & Engel, binnen nicht mal eines Jahres, die Belastung für den städtischen Haushalt von 10 Mio. auf 100 Mio. erhöht, was einer Steigerung auf unglaubliche 1000% entspricht, wie es 2019 geschah, also lange vor Pandemie und Krieg, der muss sich wahlweise vorwerfen lassen, zu täuschen, oder es an Fachkenntnis missen zu lassen. Beides wäre gleichermaßen inakzeptabel in diesem wichtigen Amt.

Es ist die Aufgabe des Gemeinderats (GR) und natürlich des OBs Schaden von der Stadt abzuwenden. Es ist nicht die Aufgabe des GR an unrealistischen Leuchttürmen und Wolkenkuckucksheimen zu bauen. Einer von Erstgenannten steht auf dem Güterbahnhof, das sollte reichen. Es ist auch nicht Aufgabe des GR Eitelkeiten von Bürgermeistern und Stadtplanern zu befriedigen, auch nicht die Geldsäckel diverser Profiteure zu füllen.

2006 stand die Stadt zum letzten Mal vor der Pleite. Dietenbach hat das Zeug dazu, die Stadt abermals finanziell zu überfordern und zwar gehörig.

Das nachfolgend verlinkte Video zeigt, was vor dem Bürgerentscheid alles versprochen und behauptet wurde und welche Kritik und welche Bedenken seitens der Bürgerinitiative Rettet-Dietenbach vorgebracht wurden. Während Aussagen und Befürchtungen der Bürgerinitiative weitgehend zutrafen, lagen der Baudezernent und die Gemeinderatsmitglieder mächtig daneben.

https://www.youtube.com/watch?v=cpsyHwpWEm0

Was sich in Freiburg abspielt, ist ein riesiger Skandal, der nur aufgrund der Netzwerke, zu denen auch die Leitmedien zählen, bisher keine größeren Wellen geschlagen hat.

Das Regierungspräsidium hätte schon längst die Reißleine ziehen müssen und dürfte den Kauf der EMD nicht genehmigen. Regierungspräsidentin Schäfer bzw. ihre Behörde fährt Ihrem Ex-Arbeitgeber gegenüber und der Stadt, in der sie lebt, einen viel zu laxen Kurs. Erinnert irgendwie u.a. an den Stadionbau. Der VGH-Mannheim sprach in diesem Zusammenhang von Kungelei.

Es bedarf eines gerüttelt Maß an Dreistigkeit und Unverfrorenheit, letztlich auch Arroganz gegenüber dem GR und der Bürgerschaft, wenn die Verwaltung, wegen eklatanter Fehlplanung einerseits weitere unglaubliche 282 Mio. Kostensteigerung auf 1.248 Mrd für Dietenbach einräumen muss und sich trotzdem alleine für 2023 wieder einen dreistelligen Millionenbetrag genehmigen lässt. Die Gesamtkosten hätten sich somit in nur 4 Jahren verdoppelt, ohne dass eine einzige Wohnung dort gebaut wurdeDie Bau- und Finanzierungskosten der FSB sind darin noch nicht mal enthalten, auch nicht die, weiterer Tochterunternehmen, wie z.B. VAG und Badenova.

Wenn der Gemeinderat (GR) Leute an die Geldtöpfe lässt, die zwar formal über die Qualifikation verfügen, mit der Entwicklung von Deutschlands größtem Neubaustadtteil aber heillos überfordert scheinen, dann müsste der GR entsprechend reagieren, sonst ist er für den Schaden zumindest politisch mitverantwortlich.

Als Prof. Gröger (FW) im vergangenen Herbst aktuelles Zahlenmaterial einforderte, wurde er seitens Prof. Haag mit total veralteten Zahlen abgespeist, dabei war damals schon offenkundig, wo die Reise hingeht.

Die Strategen, die vom GR abermals grünes Licht für ihr finanzpolitisches Harakiri bekamen, erzählen dem GR und den Bürgern, seit der Volte im November 2019, als der vom Haushalt insgesamt zu übernehmende Betrag mal kurzerhand verzehnfacht wurde, dass der Haushalt jährlich aber „nur“ mit max. 5 Mio. über 20 Jahre für Dietenbach belastet würde und der GR hat das wieder geglaubt. Komischerweise sind die 100 Mio. jetzt aber schon aufgelaufen, ca. 18 Jahre zu früh. Wie kann das gehen? Das müsste man die Experten fragen, denen bisher so maßloses Vertrauen entgegengebracht wurde. Und obwohl die städtische Belastung seit Ende 2021 „nur“ 5 Mio. pro Jahr betragen soll, hat man jetzt weitere 106 Mio. für den EMD-Deal bewilligt bekommen, nur für 2023!

Nach Adam Riese sind das „etwas“ mehr als 5 Mio. und für die vielen anderen Baumaßnahmen in Dietenbach fließen ja noch viele zusätzliche Millionen in 2023 und danach.

Die drastische Erhöhung der Grundstückspreise soll es nun richten. 

Das Problem: prohibitive Preise führen i.d.R. zu einer Nachfrage von null. Wenn aber null Grundstücke, oder eben nur relativ wenige verkauft würden, dann könnte die Stadt auf einem finanziellen Schaden von 1 Mrd. und mehr sitzen bleiben. Und schon lange davor gehen hier ganz viele Lichter aus.

Hinzu kommt der Umstand, dass ja auch noch juristische Verfahren anhängig sind und wichtige behördliche Genehmigungen ausstehen. D.h. behördliche Auflagen könnten die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (SEM) noch stoppen oder massiv beschränken. Stand heute, 1,5 Jahre nach der schrecklichen Flutkatastrophe im Ahrtal, bewilligte der GR faktisch 1,2 Mrd. für den Bau eines neuen Stadtteils im Überschwemmungsgebiet (HQ 100), trotz absolutem Bauverbot dort.

Abgesehen von den gigantischen Projektrisiken und der sich dramatisch veränderten Lage am Immobilienmarkt, dürfte das Hochwasserrisiko ein weiterer Grund für die Sparkasse gewesen sein, abzuspringen. Schließlich ist die Sparkasse auch einer der größten Gebäudeversicherer und wenn die Sparkasse Grundstücke verkauft, die erhöhten Flutrisiken unterliegen, könnte sie im Schadensfall in der Klemme stecken.

Vor Ausbruch des Krieges war der Immobilienmarkt noch sehr lukrativ, vor allem in Städten, wie Berlin, München und Freiburg. Die Wertentwicklung war über Jahre sehr gut, ganz im Gegenteil zu vielen niedrig verzinsten Anlagen.

Und natürlich besteht seit Jahren großer Bedarf an wirklich günstigem Wohnraum.

Aus A+B folgt allerdings noch lange nicht, dass sich Grundstücke am Stadtrand im Überschwemmungsgebiet, die sich zudem auf Jahre auf Deutschlands größter Baustelle befinden, umgeben von Schnellstraßen, Dreckbergen und einer Deponie, ohne Infrastruktur, dafür haufenweise Auflagen, umstrittenem Wärmekonzept und ZMF-Beschallung, zu absoluten Mondpreisen vermarkten ließen. Teils sogar nur in Erbpacht.

Davor warnen Profis aus der Bau-, Wohnungs- und Finanzwirtschaft auch schon lange, aber Warnungen aus der Praxis prallen am prämierten neuen Rathaus, bzw. dem Baudezernenten offenbar ab.

Allerdings, gilt auch in Freiburg bei der Grundstücks- und Immobilienbewertung als zentrales Kriterium: Lage, Lage, Lage und die ist dort noch auf Jahre bescheiden.

Warum sollte jemand Herderner Preise bezahlen, wenn sie oder er auch in Herdern, Littenweiler, Ebnet, Wiehre, Waldsee, Oberau, Günterstal, Zähringen etc. zu den gleichen Konditionen und günstiger fündig wird ggf. auch gebraucht und zudem viel früher?

Was die Herren Professoren Haag und Engel und auch der OB, man kann auch sagen die OBs, denn Dietenbach wurde ja noch in der Ära Salomon ersonnen, anscheinend vollkommen außer Acht gelassen haben, ist der Umstand, dass Dietenbach für viele Jahre eher aussieht, wie heute an der Erdaushubdeponie, wo sich die Erdhügel, LKW und Baumaschinen befinden. Also reichlich unwirtlich und es wird erstmal noch viel schlimmer, bevor es irgendwann in 15 - 20 Jahren möglicherweise langsam dort wohnlicher wird. Die Anwohner in Haslach-Schildacker können davon ein Lied singen, wie es sich in unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen Götz & Moriz-Geländes gelebt hat und die haben nicht mal Schnellstraßen in der Nähe, dafür ÖPNV und einen großen Edeka, sind schneller in der Stadt etc.

Diese 20 Jahre lassen sich zwar von den K9-Architekten am PC leicht überspringen (mittels Visualisierung), nicht aber in der Realität. Und wenn die hiesigen Bau- und Wohnungsplayer inkl. Wohngruppen nicht mitspielen und die FSB am Ende die einzige „Willige“ ist, die dort baut bzw. bauen muss, dann könnte es hundert Jahre dauern, bis die 6900 Wohnungen gebaut wurden, evtl. noch viel länger, denn erstens, wäre die Stadt zwischendurch mehrfach pleite und zweitens, sollte die FSB ja auch noch in anderen Stadtteilen tätig sein, wie z.B. Kleinescholz, Ebnet, Haslach, Weingarten Mooswald, Stühlinger, Landwasser etc.

Die Gretchenfrage ist also, wer baut die ersten beiden Bauabschnitte und wann? Wären die geschafft und wäre der Wahrheitsgehalt der Zusagen nicht so dürftig wie bisher, könnte die Vermarktung ab dann leichter laufen. Könnte. Nämlich nur dann, wenn die Prognosen von Empirica und Gewos zutreffen und nicht die des Stat. Landesamtes, denn der demografische Wandel dürfte perspektivisch für eine deutlich nachlassende Nachfrage nach Wohnraum sorgen. Möglicherweise mittelfristig sogar für einen Bevölkerungsrückgang. Einen Vorgeschmack gab es 2020, als Freiburg leicht schrumpfte.

Hinzu kommen eine Vielzahl weiterer Unwägbarkeiten, wie Kriegsverlauf, Zinsentwicklung, Baupreise, wirtschaftliche Entwicklung u.v.m. Die EZB hat gerade die nächste Zinserhöhung verkündet und zudem keine schnelle Zinssenkung in Aussicht gestellt.

Den Menschen aus der Ukraine kann man nur wünschen, dass der Krieg bald endet und dass sie in ihre Heimat zurückkönnen, zumal, man in der Ukraine für das Geld einer kleinen Dietenbachwohnung ein großes freistehendes Haus mit Pool bekommt. Auch deshalb werden wohl sehr viele Geflüchtete wieder in ihr Land zurückkehren und nicht dauerhaft in Freiburg bleiben.

Während die Stadt in einer Tour gigantische Mehrkosten hinnimmt, die am Ende des Tages die Bürger in Dietenbach und dem übrigen Stadtgebiet schultern müssen, erlaubt ein denkbar schlechter Deal der Sparkasse hohe Gewinne, ohne gleichzeitig ins Risiko gehen zu müssen. Wo gibt’s denn sowas: der Sparkasse werden die Risiken zu hoch, sie bekommt kalte Füße, sie steigt aus und anstatt Auslagenersatz oder Verlust, bietet der OB dem Kreditinstitut einen Megadeal an. Dieser Deal ist wohl auch nur so angebahnt worden, weil OB Horn zwei Hüte aufhat, nämlich den des OBs und den des Verwaltungsratschefs der Sparkasse. Interessenskonflikte sind vorprogrammiert. Den der Sparkasse hat er allerdings nur auf, weil er OB ist. Bei Frau Viethen (Grüne) und einigen mehr verhält es sich ähnlich, da sie ebenfalls dem Sparkassenverwaltungsrat angehören.

Wenn Dietenbach kommt, fehlt das Geld an allen Ecken und Enden, noch viel schlimmer als jetzt schon. Bezahlbarer Wohnraum in nennenswerter Größenordnung entsteht aber nirgends, weder dort noch im Rest der Stadt, weil der Stadt das Geld fehlt und zudem die Bauressourcen limitiert sind und Bauen sehr teuer geworden ist. Der Wohnbau dort wird daher nur schleppend vorankommen und nach Erbpachtbeschluss werden sukzessive weitere Versprechen gebrochen und Auflagen gelockert. Am Ende haben die Bürger*innen riesige Opfer für einen 08/15- Stadtteil gebracht und werden vermutlich Jahrzehnte darunter leiden müssen.

Dietenbach brächte - außer für gewisse Profiteure – fast nur Nachteile, entgegen der inflationären Versprechen.

Wenn Dietenbach nicht kommt, ist ein Teil des Geländes zerstört, aber nicht irreversibel. Grob geschätzt 50 Mio. wären wohl verloren - wahnsinnig viel Geld, ein Teil, wie z.B. für das Grundstück vom Land und für Ausgleichsflächen wäre aber wohl nicht verloren und die Stadt ginge nicht pleite, bleibt handlungsfähig, kann sich bei den anderen 20 Baugebieten stärker engagieren, auch bei der FSB. Es bleibt Geld für Schulen, auch am Tuniberg, das Lycée Turenne, eine neue Eishalle, das Westbad, die Stadthalle, weitere „Schlüsselimmobilen“, Sicherheit, Flutschutz, Kitas, ÖPNV u.v.m.

Der Verkehr bleibt erträglicher. Niemand wird deshalb unter der Brücke schlafen, denn netto wird vermutlich auf Jahre keine einzige Wohnung weniger gebaut, denn die Verwaltung ist entlastet und die FSB kann anderorts mehr bauen. Der Handlungsspielraum ist signifikant größer.

Mehr als heute eh schon im Innenbereich gebaut wird, wird auch zukünftig nicht gebaut werden.

Da jährlich ca. 20.000 Menschen die Stadt verlassen, ist genug Platz für Zuziehende. Der Geburtenüberschuss beträgt nur wenige Hundert p.a. – Tendenz fallend. D.h. diese neuen Erdenbürger können ganz unproblematisch im Bestand unterkommen, oder in einem der vielen anderen Neubaugebiete. Zumal die Verstorbenen vor ihrem Tod nicht selten alleine Häuser und größere Wohnungen bewohnten.

Ein sehr wichtiger Vorteil eines Projektstopps ist zudem die Chance auf Einhaltung der Klimaziele, was im Falle einer Bebauung sonst auf Jahre ausgeschlossen wäre.

Alle reden vom Klimaschutz, aber dann gibt man doch dem Bauen den Vorzug, sogar in einer Green City. Schreckt nicht mal vor Waldrodung, Vernichtung von Auen, Äckern und Vogelschutzgebieten zurück und für was? Die Ermöglichung von sündhaft teuren Bauprojekten, die alles hervorbringen können, außer bezahlbarem Wohnraum. Zudem gibt es zwar eine Reihe von Projektentwicklern die bereits abgesagt haben, aber so gut wie niemand, der definitiv mitmacht, außer der FSB. Und dafür riskiert die Stadt die Pleite und die Verfehlung der Klimaziele. Außer Rathausspitze und Gemeinderatsmehrheit dürfte es wenige geben, die das nachvollziehen können und als vernünftig erachten.

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