Scharfe Kritik von Ecotrinova am Zwischenbericht der Freiburger Stadtverwaltung zum "Gesamtkonzept bezahlbar Wohnen 2030"

Der Zwischenbericht der Stadtverwaltung zum "Gesamtkonzept bezahlbar Wohnen 2030" weist trotz vieler interessanter Angaben einige arge Schwächen auf. Er erging an den Gemeinderat, an dessen Sachverstand wir zu diesem besonders wichtigen Thema nachdrücklich appellieren.

(1) Der Bericht geht gar nicht ein auf die sehr großen Probleme des Neubaustadtteils Dietenbach! Ein besonders krasses Mieten-Problem wird dort entstehen mit den dort vielleicht ab 2030 kommenden, wenn überhaupt, ersten Wohnungen für den Wohnungsmarkt. Im Gemeinderat wurde in der Sitzung 30.1.2023 von Prof. Gröger unwidersprochen mitgeteilt, die freien Mieten in Dietenbach würden netto kalt bei 25 €/qm liegen. Diese gehen aber in den Mietspiegel ein, der derzeit bei knapp 11 €/qm liegt. D.h. Dietenbach würde Mietenden in Freiburg erheblich schaden und sich auch mietschädlich auf das Umland auswirken. Die Baukosten sind seit Anfang 2023 erneut erheblich gestiegen. Über 300 Mio Euro Subvention würden allein schon nötige Grundstücksverbilligungen, in der Größenordnung über 1000 €/qm, erfordern für die knapp 30 Hektar des öffentlich geförderten Miet-Wohnungsbaus in Dietenbach. Die Grundstücke würden sehr teuer sein wegen der extremen Erschließungskosten von 1,25 Milliarden Euro (Stand Jan. 2023. G-23/025), derzeit geschätzt ca 1,5 Mrd. Euro. Das sind ohne Wohngebäude und Grundstücke rund 100.000 € pro Person bzw. rund 200.000 € pro Wohnung nur für die Erschließung.

(2) Der erwartete Bevölkerungszuwachs wird als ein Hauptgrund für die erwünschte Wohn-Neubautätigkeit von 1000 Wohnungen pro Jahr angeführt. Aber selbst die GEWOS-Studie, auf die die Stadt sich dazu beruft, weist - wohl um sich zu schützen - in einer Nebenbemerkung auf das Statistische Landesamt hin: Danach ist bis 2045 wenn überhaupt, kein größerer Bevölkerungszuwachs für Freiburg zu erwarten (Stand 21.5.2025). Das Landesamt berücksichtigt den demografischen Effekt der alternden Bevölkerungsstruktur. Der unerwartete spezifische Geburtenrückgang auch in Deutschland, - auch in Freiburg - seit zwei, drei Jahren kommt hinzu. Wieso soll ein Neubaustadtteil errichtet werden für z.B. rund 16.000 Menschen bis 2045, wenn laut Landesamt die Bevölkerung Freiburgs von 2023 bis 2045 in der oberen Variante nur um rund 8.000 Personen zunehmen würde, also um weniger als 400 Personen pro Jahr. In der Variante ohne Wanderungen hätte Freiburg in 2045 nicht mehr Einwohner als 2023. In der noch fehlenden Hauptvariante wären es bis 2045 evtl. 4000 Personen mehr, also weniger als 200 Personen pro Jahr. Dafür würden die in der Halbzeitbilanz genannten u.E. niedrig geschätzten über 150 Wohnungen pro Jahr durch Innenentwicklung mit Aufstocken, An- und Umbauten ausreichen. Selbst die plus 8000 Personen der oberen Variante bis 2045 können leicht mit den ersten 4 bis 5 Neubauaktivitäten in Freiburg aus folgender Liste mit Wohnen bedient werden. Die vielen weiteren hier und im Bericht genannten Bau-Aktivitäten - ohne Dietenbach - könnten für einen von Gutachtern behaupteten Nachholbedarf usw. eingesetzt werden.

•Stadtbau: 2.500 Wohnungen (WE) nicht in Dietenbach

•Zinklern/Lehen 580 WE,

•Kleineschholz 500 WE,

•Hinter den Gärten/Tiengen 350 WE,

•Unmüßig 770 WE, nicht in Dietenbach

•Ganter-Areal ca 500 WE

•Neubauten Uniklinik für Bedienstete -nicht unsinnig in Dietenbach

•mehrere Studierenden-/ AZUBI-Wohnheime - nicht unsinnig in Dietenbach •Nachverdichtungen u.a. Uffhauser Str, .

•BIMA- Ersatzbauten mit mehr WE,

•Ex-Obi-Baumarkt für Wohnen

•Kreuzstr. usw.

(3) Im Zwischenbericht verschwiegen: Der Leerstand in Freiburg i.Br. ist laut Zensus 2022 mit 2,5% prozentual gestiegen seit dem Zensus 2011 mit Leerstand 2,3%, absolut von 2.500 auf rund 3.300 Wohnungen. Das ist ein Ergebnis der Befragung der Wohnungseigentümer, und zwar u.a. ohne Ferien-, Freizeit- und gewerbliche Wohnungen. https://www.deutschlandatlas.bund.de/DE/Karten/Wie-wir-wohnen/046-Wohnungsleerstand.html Beim Zensus 2021 waren fast alle Leerstandswohnungen sofort beziehbar. Weil es in 2022 in Freiburg viel mehr Wohnungen gab als 2011, ist die absolute Zahl gestiegen von rund 2.500 auf rund 3.300, hier mit Bezugsgröße rund 132.000 Wohnungen zum 31.12.2023, gegenüber rund 112.000 Wohnungen laut Zensus 2011. http://www.statistikportal.de/statistik-portal/Zensus_2011_GWZ.pdf http://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/params_E-2100574416/502120/statistik_veroeffentlichungen_Zensus_2011-HOCH.pdf Durch den Begriff "marktaktiver Leerstand" in Freiburg von angeblich nur 0,2 % wurden Stadt und Medien und folglich die Halbzeitbilanz irregeleitet, das Problem vernebelt und bei der wohnungspolitischen Diskussion auf 1/12 verwinzigt mit Folge viel zu kleiner Aktivitäten der Stadt. Ein Mehrfaches an Personal gegen Leerstand relativ zu Freiburg setzt zum Beispiel München ein mit über 40 Personalstellen! Z.B. Stuttgart hat ein sehr ähnliches Problem mit Leerstand wie Freiburg. https://mieterverein-stuttgart.de/de/neuigkeiten/der-zensus-belegt-dass-die-stadt-stuttgart-mit-ihren-ermittelten-leerstandszahlen-den-skandaloesen wohnungsleerstand-seit-jahren-verharmlost (23.8.2024) Der Mieterverein Stuttgart weiter: "Anstrengungen zur Mobilisierung von bestehendem Wohnraum zahlen sich für die Stadt doppelt aus: Jede neu zu bauende und bezahlbare Wohnung müsste mit erheblichen öffentlichen Mitteln subventioniert werden. Zudem behielte die Stadt den 15-Prozent-Anteil an der Einkommenssteuer ihrer Bürger, wenn diese nicht ins Umland verdrängt werden." Ist Freiburg zu arm, um Leerstand viel intensiver zu bekämpfen? Bei seinen durch den defizitären Neubaustadtteil Dietenbach auflaufenden Schulden und vor allem ab 2027 sehr großen Haushaltsproblemen: Und das ist nur eines von vielen Indizien dafür, dass der Riesen-Neubaustadtteil Dietenbach mit Riesen-Erschließungskosten von über 1,3 Milliarden Euro, Riesen-Personalaufwand und unsicheren Riesen-Subventionen von Stadt, Land und Bund nun vom Gemeinderat unverzüglich gestoppt werden muss, bevor es endgültig zu spät ist. Er ist ein Haupthindernis für bezahlbares Wohnen für untere und mittlere Einkommensverhältnisse!

(4) Im Bericht verschwiegen: Über 13.000 gegenüber der Belegung sehr viel zu große Wohnungen kamen laut Auswertung des Zensus 2011 zum Leerstand hinzu, das dürften derzeit nicht weniger geworden sein. Das sind rund doppelt so viele (häufig teilbare Wohnungen) wie in Dietenbach bis in rund 20 Jahren gebaut würden, falls. (5) Die Innenentwicklung für mehr Wohnungen ist für die Stadt, für Mietende und die Umwelt deutlich günstiger als Neubauten auf der grünen Wiese, siehe Bericht der Stadt zum Entwicklungsgebiet Haslach-Südost. https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/params_E-2041822722/344858/Staedtebauliches_Entwicklungs_u_Zukunftskonzept.pdf

(6) Ein großer Miet- und Kauf- und Tausch-Wohnungsmarkt Freiburgs : Hunderte aktuelle Angebote und Gesuche zu Mieten und Tausch finden sich hier: https://www.kleinanzeigen.de/s-wohnung-mieten/freiburg-im-breisgau/c203l9354 Dazu kommen noch Hunderte Häuser und ET-Wohnungen. https://www.kleinanzeigen.de/s-immobilien/freiburg-im-breisgau/c195l9354 Kein Wunder also, dass in 2023 25.838 Personen zuzogen, 16.795 Personen innerstädtisch umzogen und 24.993 durch Fortzug Wohnraum frei machten - laut Stadt Freiburg.

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Anton Behringer

Sonntag, 26. Oktober 2025 - 17:01 Am 21.10.2025 hat FL-Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler folgende Rede zum Gesamtkonzept bezahlbar wohnen 2030 im Gemeinderat gehalten:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

Freiburg hat in den letzten 10 Jahren rund 10.000 Wohnungen gebaut. Und trotzdem fehlen laut GEWOS (Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung) bis 2040 weitere 15.000 Wohnungen. Das wären weit mehr als alle momentan geplanten oder in der Umsetzung befindlichen Baugebiete vorsehen – einschließlich Dietenbach und Zinklern. Zu dieser Prognose kann ich nur mantraartig wiederholen, Freiburg wird es nie schaffen, ausreichend Wohnraum für Freiburger Wohnungssuchende bereitzustellen, wenn man gleichzeitig allen Zuzugswünschen nachkommen will. Wir bauen und deshalb kommen die Leute. Und wir verlieren damit jedes Jahr viele Hektar landwirtschaftliche und naturnahe Flächen zugunsten des Wohnungsbaus. Ich bin langsam wirklich ratlos und auch wütend, wie ein Gemeinderat und eine Stadtverwaltung bei ihren Entscheidungen so konsequent das Weltgeschehen ignorieren können.

Die Weltwetterorganisation warnte dieser Tage davor, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre immer schneller steigt. Auch die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) und die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) weisen auf diesen rasanten Anstieg hin. „Bereits um das Jahr 2050 könnte die Erwärmung sogar drei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erreichen“, schreiben DPG und DMG. In bestimmten Regionen „könnten erstmals Situationen auftreten, in denen die Kombination aus hoher Luftfeuchtigkeit und extrem hohen Temperaturen ein Überleben im Freien unmöglich macht!“ Hinzu kommen die Warnungen der Geheimdienste. „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und denken, ein russischer Angriff kommt frühestens 2029. Wir stehen schon jetzt im Feuer“, sagt der neue Präsident des BND (Bundesnachrichtendienst), Martin Jäger. Diese und andere Szenarien lassen nur einen Schluss zu: Wir müssen aufhören unsere landwirtschaftlichen Flächen zu bebauen, wodurch wir den Klimawandel verschärfen und uns in Krisenzeiten unserer Versorgung mit regionalen Lebensmitteln berauben. Und da ist der mal getroffene Hinweis der Stadträtin Polášek, wir müssen nur alle Vegetarier werden, dann hätten wir genügend Lebensmittel, in einer Region, wo es, außer kleinen wie dem Baldenwegerhof und der Metzgerei Reichenbach, so gut wie keine Fleischerzeuger gibt, schon sehr skurril. Ich hoffe mal, dass Frau Polášek den Pudding für ihre Messeraktion auf dem Stühlinger Kirchplatz nicht mit Kuhmilch, sondern mit Soja- oder Mandelmilch angerührt hat.

Da Herr Sumbert (Fraktionsvorsitzender Grüne) in seiner Rede mal wieder eine Breitseite auf die Dietenbachgegner abfeuerte, wobei er natürlich vor allem mich im Visier hatte, folgender Hinweis auf ein Interview der Zeitschrift „Netzwerk Südbaden“ in der momentanen Oktoberausgabe. Da waren als Interviewpartner neben Baubürgermeister Haag auch der Prokurist der Fa. Unmüssig, Bernd Rösch, zu Dietenbach befragt worden. Herr Rösch äußerte sich folgendermaßen: „Um Blockrandbebauung mit vier- bis fünfgeschossigen Häusern zu realisieren, braucht es Kapitalanleger, die eine sichere Rendite erwarten. Da wird es schwierig, in der Vermietung unter zwanzig Euro pro Quadratmeter zu bleiben.“ Und diese zwanzig Euro pro Quadratmeter, Herr Sumbert, gehen direkt in den Mietspiegel ein. D. h. die Miete wird wegen (!) Dietenbach für alle Mieter in Freiburg teurer und keinesfalls, wie Sie behaupten, billiger. Gegen Dietenbach zu sein, ist also nicht nur aus vielen ökologischen Gründen wie Artenschwund und Klimawandel und aus Gründen der Versorgungssicherheit mit regionalen Lebensmitteln, sondern auch aus sozialen Gründen eine durchaus verantwortungsbewusste Entscheidung! Vielleicht sollten mal die Dietenbachbefürworter ihre nur vordergründig sozialen Entscheidungen bezüglich ihrer realen sozialen Auswirkungen überdenken.

https://freiburg-lebenswert.de/gesamtkonzept-bezahlbar-wohnen-2030/

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