Leerstandskataster eingerichtet

In Freiburg herrscht seit längerem großer Wohnraummangel. Trotz intensiver Anstrengungen hat sich die Lage weiter verschärft. Unter anderem die Hausbesetzungen der vergangenen Monate sind ein Zeichen hierfür. Der Gemeinderat hat deshalb im vergangenen Herbst ein umfassendes Paket zur Wohnungssituation in Freiburg beschlossen. Dabei wurden Maßnahmen zur Mietpreisgestaltung, zur Sicherung von Wohnraum, zur Neuaufstellung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Freiburger Stadtbau sowie zum Umgang mit den wenigen noch verfügbaren Flächenressourcen beschlossen.

Ein Instrument dabei betraf das sogenannte Zweckentfremdungsverbot. Das im Januar dieses Jahres neu eingerichtete Referat für bezahlbares Wohnen (RbW) hat nun zusammen mit dem Baurechtsamt Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum entwickelt.

Ein wesentlicher Aspekt zur ordnungsrechtlichen Bekämpfung von Zweckentfremdung von Wohnraum ist das nun im Baurechtsamt eingerichtete Leerstandskataster. In dem Kataster sind derzeit 118 Datensätze von Leerstand gelistet. Insgesamt geht die Verwaltung von einer statistischen Leerstandsquote von 0,4 Prozent in Freiburg aus. Dies entspräche rund 500 Wohnungen. In diesen 500 Wohnungen sind allerdings auch die Leerstände enthalten, die aufgrund von Wohnungswechseln, Sanierungsarbeiten oder im Rahmen eines Umzugs nur vorübergehend nicht bewohnt sind und die damit dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Allerdings sind die 0,4 % ein geschätzter Wert von Empirica. Dieser ist nicht unumstritten. Der letzte auf dem Zensus 2011 basierende Wert ergab einen Leerstand, der um ein Vielfaches höher bei ca. 2.500 Wohnungen lag. Der tatsächliche Wert dürfte wohl irgendwo dazwischen liegen.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird kein detailliertes Leerstandsverzeichnis veröffentlicht. Das Baurechtsamt stellt jedoch auf der städtischen Homepage (www.freiburg.de/leerstandskataster) eine interaktive Karte bereit, auf der die Anzahl der eingegangenen Hinweise über Leerstand sowie die im Zweckentfremdungsverfahren als rechtswidrig ermittelten Leerstände dargestellt sind. Liegt nachweislich keine Zweckentfremdung vor, wird die Wohnung aus dem Kataster gelöscht. Informationen über Leerstand erfolgen insbesondere über externe Meldungen aus der Bürgerschaft, beispielsweise über die E-Mail leerstand@stadt.freiburg.de

D.h. die Stadt von sich aus wird gegenwärtig nicht aktiv, erst wenn Bürger entsprechend Anzeige erstatten. Will man den Leerstand erfolgreich ermitteln und reduzieren, muss die Stadt auch selbst Leerstand ermitteln.

Aufgrund des akuten Wohnungsmangels wird die Stadtverwaltung die Anstrengungen gegen Zweckentfremdung weiter intensivieren, erklärte Oberbürgermeister Martin Horn: „Die konsequente Umsetzung des Zweckentfremdungsverbots ist in Zeiten von akutem Wohnraummangel ein wichtiges Instrument, um wieder mehr Wohnungen auf den Markt zu bringen. Illegalen Leerstand und illegale Ferienwohnungen dulden wir nicht.“

Das Zweckentfremdungsverbot gibt vor, dass leerstehende Wohnungen spätestens nach 6 Monaten wieder zu vermieten sind. Sonst ist ein Ordnungsgeld von bis zu 50 000 Euro möglich. Baubürgermeister Martin Haag sieht die Zweckentfremdung als ein wichtiges Instrument eines Gesamtpaketes im Kampf gegen die Wohnungsnot. „Es steht außer Frage, dass wir alles daran setzten müssen, bestehende Wohnungen in die Vermietung zu bringen. Das Instrument des Zweckentfremdungsverbotes, das wir seit Februar 2014 nutzen, ist eine von vielen wichtigen Maßnahmen der Stadt zur Schaffung und Bewahrung von bezahlbarem Wohnraum.“

Holger Ratzel, Leiter des Baurechstamtes, berichtet, dass dabei in der Praxis die Prüfung und Ermittlung der Umstände sehr aufwendig sind: „Wenn man gegen Zweckentfremdung vorgeht, greift man in die Rechte von Eigentümern und Eigentümerinnen ein. Das Zweckentfremdungsrecht ist eine Art Polizeirecht. Deshalb muss der Fall natürlich zwingend bestimmte Voraussetzungen der Zweckentfremdungssatzung erfüllen, damit unser Vorgehen auch rechtssicher ist.“ Im Baurechtsamt ist eine Mitarbeiterin für das Leerstandskataster zuständig.

 

In Anbetracht der Anzahl und der Komplexität ist das zu wenig, vor allem wenn man noch in Betracht zieht, dass die Sachbearbeiterin wegen Urlaub, Krankheit und Fortbildung nicht immer präsent ist und die Fälle einer gewissen Fluktuation unterliegen.

Sabine Recker, Leiterin des Referats für bezahlbares Wohnen betont, wie wichtig es ist, Sanktionen gegen Leerstand zu erlassen: „Wir möchten auch auf die Eigentümerinnen und Eigentümer zugehen und sie motivieren, ihre leer stehende Wohnung zu vermieten.“
Deshalb wird sich Oberbürgermeister Martin Horn jetzt auch an alle im Leerstandskataster registrierten Eigentümerinnen und Eigentümer per Brief wenden und sie um Unterstützung bei der Verringerung des Leerstands in Freiburg bitten. Er bietet in dem Brief Hilfe bei der Vermietung an einen ausgesuchten Personenkreis an.

Im Rahmen einer Kooperation der Wohnraum-Akquisestelle des Amts für Soziales und Senioren sowie des Amts für Migration mit den Vermietern ist etwa im Einzelfall eine Zwischenvermietung an die Stadt denkbar. Die Stadt wird dabei Mieterin und tritt vollumfänglich in die Rechte und Pflichten eines Mieters ein. Es sind aber auch längerfristige Kooperationen denkbar. Die Stadt wird auch in diesen Fällen im ersten Jahr ihre Mieterin und tritt vollumfänglich in die Rechte und Pflichten eines Mieters ein. Sollte das Mietverhältnis nach einem Jahr auch ohne die Stadt vorstellbar sein, kann das Mietverhältnis an die Bewohnenden übergehen. Ebenfalls sei ein Mietverhältnis mit städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglich. Auch hier gibt es großen Bedarf.

OB Martin Horn warnte davor, dass dringend benötigte Arbeitskräfte mangels bezahlbaren, Wohnraums verstärkt in andere Städte ziehen.

Deshalb appelliert OB Horn in dem Brief an die Eigentümer und Eigentümerinnen: „Jede Wohnung, die nicht leer steht, ist ein kleiner Schritt gegen den Wohnungsmangel und eine Unterstützung für die Freiburgerinnen und Freiburger.“

Darüber hinaus hat OB Horn auch die Landesregierung aufgefordert, die Kommunen stärker dabei zu unterstützen, gegen Anbieter illegale Ferienwohnungen vorzugehen: „Wir regen eine Änderung der landesgesetzlichen Regelung an, um hier eine bessere Handhabe gegenüber Internetplattformen zu ermöglichen.“ Beispiele hierzu gibt es bereits in anderen Bundesländern. Auch in Baden-Württemberg sollen diese leichter ermöglicht werden. In Bayern sind beispielsweise die Internetplattformen für Ferienwohnungen zur Auskunft über ihre Wohnungen verpflichtet. Auch das Vorgehen gegen Portalbetreiber ist dort erleichtert worden. In Hamburg und Berlin gibt es für Ferienwohnungen eine Registrierungspflicht. Die Verfolgung von Anbietern illegaler Ferienwohnungen kann so besser umgesetzt werden.

Außerdem wird die Stadt nicht genehmigte Ferienwohnungen dem Finanzamt melden, wenn der Verdacht besteht, dass Einkommen nicht versteuert wird, also eine Steuerstraftat vorliegen könnte. Nach der Abgabenordnung ist sie dazu berechtigt. „Die Stadt Freiburg lebt auch vom Tourismus und braucht Ferienwohnungen, aber noch mehr braucht es bezahlbare Wohnungen, um die Stadt lebens- und liebenswert zu erhalten,“ stellt Sabine Recker klar.

Auch freie Flächen und insbesondere ungenutzte Baugrundstücke nimmt die Stadt verstärkt ins Visier. Diese sollen künftig systematischer erfasst und auf eine mögliche Bebauung geprüft werden. „In Zeiten von akuter Wohnungsnot ist es nicht weiter hinnehmbar, wenn solche Grundstücke über Jahre, teilweise sogar über Jahrzehnte brach liegen“, sagte Oberbürgermeister Martin Horn.

Die Stadt setzt dabei zunächst auf einen kooperativen Weg mit den Eigentümern. Nach einer weiteren Erfassung von Brachflächen wird OB Horn ebenfalls alle Grundstückseigentümer im Laufe des Jahres anschreiben. Ziel ist es, mit den Eigentümern ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Wege zu finden, damit die Grundstücke zeitnah bebaut werden. Dabei zieht die Stadt auch einen direkten Ankauf in Erwägung. „Wir müssen unseren Gestaltungsspielraum nutzen“, sagte Horn. „Baugrundstücke dürfen keine Spekulationsobjekte sein.“ Weitergehende Schritte wie ein Baugebot behält sich die Stadt vor.

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